- Status: abgeschlossen
- Laufzeit: Februar 2022 – August 2023
- Programm: Modellprojekte Smart Cities
Publikation
Ein urbaner digitaler Zwilling ist ein digitales Modell einer Stadt oder eines Stadtteils. Mit ihm können Kommunen beispielsweise den Verkehr oder die Folgen von Starkregen simulieren und andere Szenarien für die Stadtentwicklung entwerfen. Die Studie aus der Begleitforschung der Modellprojekte Smart Cities (MPSC) zeigt, wie der Aufbau digitaler Zwillinge gelingen kann.
In der Industrie sind virtuelle Abbilder von Maschinen und Prozessen nicht mehr wegzudenken. Auch in der Stadtentwicklung halten digitale Zwillinge zunehmend Einzug: als interaktive Weiterentwicklungen von 3D-Stadtmodellen, die vielfältige Daten zu einem realitätsnahen digitalen Abbild der Stadt bündeln.
Viele Kommunen arbeiten derzeit am Einsatz von digitalen Zwillingen. Für sie und alle anderen interessierten Städte und Gemeinden fasst die Studie Grundlagen, Anforderungen und Praxisbeispiele systematisch zusammen.
Auf Basis dieser Grundlagen entwerfen die Autorinnen und Autoren ein konzeptionelles Modell für die Entwicklung eines digitalen Zwillings. Ein Leitfaden zeigt einen idealtypischen Ablauf von der Zielsetzung bis zur Umsetzung, erläutert wesentliche Bausteine und gibt Hinweise zum Vorgehen.
Download und Bestellung
Sie können die Veröffentlichung hier online abrufen und als PDF herunterladen.
Gedruckte Exemplare können kostenfrei per Mail bestellt werden: publikationen.bbsr@bbr.bund.de.
Ausgangslage
Die Entwicklung sogenannter digitaler Zwillinge spielt in den vom Bund geförderten Modellprojekten Smart Cities (MPSC) eine große Rolle. Die Großstädte München, Hamburg und Leipzig gehen dabei mit ihrem Gemeinschaftsvorhaben „Connected Urban Twins (CUT)“ voran. Viele weitere Städte und Gemeinden, darunter auch kleinere und mittlere Kommunen, sondieren, welche Voraussetzungen für einen digitalen Zwilling erforderlich sind und welche Herangehensweise für die Umsetzung geeignet ist. Hierbei wurde in der vorliegenden Studie insbesondere der Anwendungsfall „Digitale Zwillinge für die Stadtentwicklung und Stadtplanung“ untersucht.
Ziel
Ziel der Untersuchung war es einerseits, den aktuellen Stand der MPSC-Kommunen hinsichtlich des Aufbaus und des Einsatzes digitaler Zwillinge in der Praxis zu erheben und die Fachdiskussion zu strukturieren. Andererseits diente die Untersuchung dazu, die wesentlichen Komponenten für den Aufbau eines digitalen Zwillings im Rahmen der Stadtentwicklung zusammenzustellen und damit Kommunen bei der Entwicklung und Umsetzung eines einsatzfähigen Systems zu unterstützen.
Konzept
Folgende Forschungsleitfragen liegen der Kurzstudie zugrunde:
- Welche kommunalen Verfahrensschritte können im Rahmen der integrierten Stadtentwicklung durch den Einsatz von digitalen Zwillingen verbessert, vereinfacht oder beschleunigt werden?
- Welche weiteren Vorteile im Rahmen von stadtplanerischen Vorhaben ergeben sich durch digitale Zwillinge?
- Welche Komponenten und Schritte bedarf es für den Aufbau eines digitalen Zwillings für die Stadtentwicklung?
Projektphasen
1. Analyse der Ausgangssituation
1. Analyse der Ausgangssituation
Die Zielstellung des Arbeitspaketes war die Sondierung und Analyse der Modellprojekte Smart Cities (MPSC) in Hinblick auf den Stand der Praxis zu digitalen Zwillingen für die integrierte Stadtentwicklung. Dabei ging es insbesondere darum, Einsatzmöglichkeiten zu identifizieren und zu dokumentieren. Neben der damit einhergehenden Begriffsklärung war es auch Ziel, die Chancen und Herausforderungen digitaler Zwillinge zu ermitteln, sodass Kommune ihre Strategieentwicklung bei Bedarf darauf ausrichten können.
2. Entwicklung der Umsetzungsmethodik
2. Entwicklung der Umsetzungsmethodik
Ziel war es, eine Methodik zur Umsetzung des digitalen Zwillings auf kommunaler Ebene zu entwickeln. Angelehnt an die Erfahrungen der MPSC hinsichtlich der Grenzen und Potenziale digitaler Zwillinge wurden insbesondere auch die technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen mit Bezug zur integrierten Stadtentwicklung berücksichtigt.
3. Ableitung von Handlungsempfehlungen
3. Ableitung von Handlungsempfehlungen
Aus der Analyse und der Umsetzungsmethodik wurden Handlungsempfehlungen zur Entwicklung und Umsetzung digitaler Zwillingen abgeleitet. Neben den Falluntersuchungen und der Methodik bildeten sie den Kern der Arbeitshilfe für die Praxis. Es werden sowohl praxisnahe Hinweise zur Umsetzung als auch mögliche Herausforderungen aufgezeigt. Zielgruppe der Empfehlungen sind deutsche Kommunen jeder Größenklasse, auch wenn die Empfehlungen je nach Typ unterschiedlich sein können.
Ergebnisse
Die Studie ordnet den digitalen Zwilling als Unterstützungsinstrument in der Stadtentwicklung und insbesondere in der Stadtplanung ein. Die Ausgangssituation dafür ist die visuelle und materielle Repräsentation einer Stadt oder eines Stadtquartiers, das heißt die Darstellung ihrer konstituierenden Objekte, Infrastrukturen und Prozesse, um die Funktionen des digitalen Zwillings in unterschiedlichen Anwendungsbereichen nutzen zu können. Dabei ist der erste, voraussetzungsvolle Schritt, die Abbildungsdaten zu erfassen und zu integrieren. Denn erst auf einer möglichst exakten Basis kommen die Mehrwerte der eigentlichen Funktionen des digitalen Zwillings besonders zum Tragen. Im Zentrum eines digitalen Zwillings können Simulationen, Prognosen, Analysen und ein Echtzeit-Monitoring des Betriebs der einzelnen Systemkomponenten (Objekte, Infrastrukturen und Prozesse) stehen.
Etwas weniger als die Hälfte der MPSC setzt einen digitalen Zwilling um. Davon ist die Hälfte der Anwendungsfälle dem Bereich „Stadtentwicklung/Planung“ zuzuordnen. Es folgen die Bereiche „Datenverarbeitung/3D-Visualisierung“ sowie „Verkehr/Mobilität“ und „Klima/Nachhaltigkeit“. Die Gemeinde Kirchheim bei München erprobt beispielsweise die Integration eines digitalen Zwillings zur Unterstützung bei der Bauleitplanung und bei der Bescheidung von Baugenehmigungen. Im Gegensatz zu diesem sachbezogenen Ansatz geht die Stadt Mönchengladbach raumbezogen vor und baut einen Prototyp eines digitalen Zwillings für ein kleines Projektgebiet sukzessive aus. Damit möchte sie insbesondere innerhalb der Stadtverwaltung Anwendungsfälle mit unterschiedlichen Fachbereichen erarbeiten. Das Verbundprojekt „Connected Urban Twins“ in Hamburg, München und Leipzig geht den Aufbau des digitalen Zwillings grundlegend und stadtübergreifend an, indem zunächst eine gemeinsame Basisinfrastruktur entwickelt wird. Diese kommt in den drei Städten und perspektivisch in weiteren Kommunen in unterschiedlichen Anwendungsbereichen zum Einsatz.
Insgesamt wird der Modellcharakter der Projekte deutlich. Es scheint keinen Königsweg für den Aufbau eines digitalen Zwillings zu geben. Stattdessen werden die Projekte standortspezifisch vor dem Hintergrund unterschiedlicher Bedarfe, Ressourcen und Herausforderungen durchgeführt. Gleichwohl ergeben sich zahlreiche übereinstimmende Grundlagen, Bausteine und Anforderungen, die als Ergebnisse der Studie festgehalten werden können.
Zu den Grundlagen gehört zum Beispiel, finanzielle Mittel zu beschaffen und Personal den entsprechenden Prozessen arbeitsteilig zuzuteilen. Dies umfasst den Aufbau und den Betrieb des digitalen Zwillings sowie die Diskussion und Festlegung von Standards, insbesondere für den Umgang mit Daten und Schnittstellen. Die Bausteine eines digitalen Zwillings lassen sich in ihrer Architektur darstellen, die auf vorhandenen Datengrundlagen und -erhebungen aufbaut, um ein genaues Abbild der Stadt und ihrer Systemkomponenten zu erzeugen. Auf dieser Basis können Modellierungen, Analysen, Simulationen und Interpretationen einzelner räumlicher Situationen durchgeführt werden. Die Grundlagen, Bausteine und Anforderungen münden schließlich in einen anwendungsorientierten Handlungsleitfaden für Kommunen, der als Checkliste zu verstehen ist und in tabellarischer Form Prozessschritte, Ziele und zentrale Aspekte für die Umsetzung eines digitalen Zwillings in der kommunalen Verwaltung festhält.
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