Screenshots der FichtelApp
FichtelApp

City-Apps: Smarte Anwendungen für die Jackentasche

Apps liegen im Trend: Zahlreiche Modellprojekte Smart Cities bündeln die Angebote ihrer Stadt und Region daher in einer Anwendung für´s Smartphone. Dabei braucht nicht jede Kommune oder jeder Landkreis das Rad neu zu erfinden. Viele Kommunen entwickeln ihre Apps gemeinsam weiter und setzen dabei auf Open-Source-Lösungen: Wir zeigen, wie das funktionieren kann und welche Chancen und Herausforderungen in einer City- oder Regionen-App liegen.

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FichtelApp: Ausgezeichnetes Design und Einladung zum Spielen

72.000 Einwohnerinnen und Einwohner, 17 Gemeinden – und eine App. Im Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge gibt es seit Sommer 2022 die FichtelApp, entwickelt im Rahmen des Modellprojekts Smart Cities. Für Projektleiter Oliver Rauh ist die App, die schon mehr als zehntausend Mal heruntergeladen wurde, eine Erfolgsgeschichte: „Die FichtelApp hat sich zu der zentralen Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger sowie Touristinnen und Touristen in unserem Landkreis entwickelt. Der Einbezug von regionalen Akteuren wie Vereinen führt zu einem größeren Zusammengehörigkeitsgefühl und stärkt die regionale Identität.“

Im Zentrum der App steht ein „Highlight-Radar“, auf dem verschiedene Informationen und Angebote rund um das Fichtelgebirge – wie etwa Touren, Sehenswürdigkeiten, Veranstaltungen und Angebote von Vereinen – gesammelt und geolokalisiert dargestellt werden. Bürgerinnen und Bürger können sich aktiv vernetzen, austauschen und eigene Projekte initiieren. Mit Hilfe von spielerischen Inhalten kann man die Region zudem neu entdecken und kennenlernen. Mit den gesammelten Punkten können neue „Fichtel-Level“ erreicht werden. 

„Die Herausforderung war, viel Inhalt übersichtlich darzustellen – und den Spaß dabei nicht zu vergessen“, sagt Oliver Rauh. Dass dieser Spagat offenbar gelungen ist, bestätigen gleich mehrere Auszeichnungen: Die App wurde 2023 in zwei Kategorien mit dem „Deutschen Preis für Onlinekommunikation“ ausgezeichnet. Außerdem erhielt sie den internationalen „Red Dot Design Award“ und den „German Design Award 2024“ in der Kategorie „Excellent Communications Design – Apps“. Das technische Grundgerüst der FichtelApp können dank offenem Code auch andere Kommunen übernehmen. Oliver Rauh kann sich auch eine gemeinsame Weiterentwicklung der App zusammen mit anderen Kommunen vorstellen.

Gemeinsame App-Entwicklung in der KODI-Community

Genau dies ist das Ziel der KODI-Community, zu deren Gründungsmitgliedern das Smarte Fichtelgebirge gehört: KODI steht für Kommunen Digital und versteht sich als Entwicklergemeinschaft für Smart-City-App-Lösungen und mehr in ländlichen Regionen, Kommunen und Landkreisen. Zu den weiteren Initiatoren der KODI-Community gehört neben der bayerischen Smart Region AUF, Apfeldorf, Unterdießen und Fuchstal, auch das Modellprojekt Smart Cities Ringelai mit Ilzer Land, wo im November 2023 die „WalDi-App“ – kurz für Wald Digital – an den Start gegangen ist.

 

Gruppenfoto von Personen mit einem gedruckten Banner zur WalDi-App
Die WalDi-App bietet unter anderem Nachrichten und Veranstaltungen aus den 12 Kommunen im Ilzer Land. MPSC Ringelai/Ilzer Land

Die Stärkung von Zusammenhalt und Teilhabe im Kommunalverbund Ilzer Land führt Lena Schandra, Projektleiterin Smart City / Smartes Land im Ilzer Land, als wichtigste Gründe für die Einführung der App an. Auch die WalDi-App ist kein einseitiger Kanal von der Verwaltung in die Bevölkerung, sondern kann von Vereinen, Unternehmen oder Bürgerinnen und Bürgern, die News und Events teilen, etwas anbieten oder suchen, befüllt werden. Außerdem gibt es eine Schnittstelle zum Beteiligungsportal MITREDEN (mitreden.ilzerland.bayern): „Wir erreichen schon jetzt kurz nach dem Start der WalDi-App einen großen Anteil unserer Bevölkerung“, so Schandra. Die größte Herausforderung sei es gewesen, die Wünsche aus Bevölkerung und den 12 teilnehmenden Kommunalverwaltungen in einer App zu bündeln.

Technisch basiert die WalDi-App auf einer Open-Source-Software-Lösung, die die HEIDI Software GmbH entwickelt hat. Das junge Unternehmen ist mit über 300 Kommunen ebenfalls Teil der KODI-Community. „Wir lernen voneinander und können Kosten sparen, indem wir Entwicklungen gemeinschaftlich beauftragen, die dann allen zugutekommen“, betont Schandra. So wird die WalDi-App fortlaufend weiterentwickelt und auf die Wünsche der Bürgerschaft zugeschnitten. Auch weitere Kommunen in der Region sollen sich anschließen können. 

Smart Village App: In Bad Belzig gestartetes Erfolgsmodell

Das brandenburgische Bad Belzig hat bereits seit 2019 eine App: Die Bad Belzig App versorgt die rund 8.000 Einwohnerinnen und Einwohner mit lokalen Nachrichten, Veranstaltungshinweisen, Beteiligungsangeboten und nützlichen Diensten wie einem Müllkalender. Bad Belzig entwickelt die App im Rahmen der Förderung als Modellprojekt Smart Cities weiter und will die App noch stärker mit der Verwaltung verknüpfen. 

Grundlage der Bad Belzig App ist die „Smart Village App“, die im Rahmen der Digitalisierungsstrategie des Landes Brandenburg entwickelt wurde und 2022 als „Digitaler Ort im Land der Ideen 2022“ ausgezeichnet wurde. Auch die „Smart Village App“ steht als Open-Source-Baukasten zur lizenzkostenfreien Nachnutzung bereit und wird inzwischen in über 25 Kommunen bundesweit eingesetzt. Offene Schnittstellen ermöglichen eine unkomplizierte Anbindung zu weiteren Anwendungen wie etwa dem Rathaus-Informations-System (RIS). Die ursprünglichen Entwickler, die Firma Smart Village Solutions SVS GmbH, bietet interessierten Kommunen Beratungsgespräche und Pakete für Betrieb und Wartung der App an, in Brandenburg gibt es zudem eine Förderung für Kommunen zur Implementierung.

Von Kommunen für Kommunen: Entwicklungsgemeinschaft Open Smart City App (OSCA)

„Der Kerngedanke unserer Community lautet: Alles was wir machen, wollen wir niederschwellig teilen können.“

Nils Gerken, CDO Stadt Solingen

Eine Frau bedient ein Tablet. Daneben ein Screenshot der Bochum App
Bochum integriert digitale Stadterlebnisse in die auf OSCA basierende Bochum App. Davon sollen die anderen Mitglieder der Community profitieren. SW Code Soest

„Solinger-Taschenmesser der Verwaltung“ – so beschreibt Nils Gerken, CDO der Stadt Solingen und Mitinitiator der Entwicklungsgemeinschaft Open Smart City App (OSCA), das Prinzip der „Open Smart City App“. Die App wurde zunächst als „Mensch! Solingen App“ entwickelt und wird seit 2020 als Open-Source-Lösung von inzwischen 20 Kommunen, darunter viele Modellprojekte Smart Cities, wie etwa die Städte BochumDortmund und Schwerte und Wolfsburg, aber auch ländliche Regionen wie die Gemeinden Lemgo und Kalletal, gemeinsam weiterentwickelt. 

Die Entwicklungsgemeinschaft bietet den mitwirkenden Kommunen die Möglichkeit, das technische Grundgerüst der App zu übernehmen. Weiterhin können sie Module, die in der Gemeinschaft entwickelt wurden, übernehmen und selbst neue Module einbringen. „Unsere Lösung kann man nicht als Software-as-a-Service einkaufen“, erklärt Gerken, „der Community-Gedanke der gemeinsamen Entwicklung ist hier zentral.“

Die OSCA-Community ist grundsätzlich offen für weitere Mitglieder, die für ihre Teilnahme einen jährlichen Beitrag bezahlen. „Um der wachsenden Community gerecht zu werden, stellen wir uns gerade organisatorisch neu auf“, so Gerken. Interessierte müssten sich darüber im Klaren sein, dass OSCA keine fertige Lösung ist: „Auf jeden Fall braucht es noch Entwicklungsleistung, um die eigene App souverän an den Start zu bringen.“

City-Apps: Herausforderung Betreibermodell

Unabhängig davon, ob sie sich alleine auf den Weg gemacht haben oder Teil einer Community sind, beschäftigen sich die Modellprojekte Smart Cities stellvertretend für alle deutschen Kommunen mit übergreifenden Fragen: So widmet sich eine Werkstatt im Rahmen des 4. Kongresses der Modellprojekte Smart Cities in Leipzig am 24. April 2024 der Frage, wie City-Apps nachhaltig betrieben werden können – auch nach Auslaufen einer Förderung: Ziel ist es, von bestehenden Lösungen zu lernen und gemeinsam Lösungsansätze für die bestehenden Herausforderungen zu entwickeln.

Deutschlandstudie CITY APPS

Cover zur Deutschlandstudie
CIMA Beratung + Management GmbH

Das Beratungsunternehmen cima.digital hat im letzten Jahr eine Studie zum Thema City-Apps veröffentlicht. Befragt wurden für die Studie 1.069 Bürgerinnen und Bürger, 381 Vertreterinnen und Vertreter aus knapp 300 Kommunen sowie 22 kommunale App-Anbieter.

Einige zentrale Ergebnisse der Sonderauswertung im Rahmen der „Deutschlandstudie Innenstadt“ sind: 

  • Die Verbreitung von Stadt- oder Regional-Apps steigt, auch Kleinstädte etablieren zunehmend mobile Anwendungen. Allerdings wissen Ansässige und Gäste oft noch nicht, ob es in ihrem Ort eine City-App gibt. Stadt-Apps müssen also dauerhaft kommuniziert und immer wieder gezielt vermarktet werden. Eine einfache Bedienung ist essenziell, um Nutzende zu gewinnen und längerfristig zu halten.
  • Besonders gefragt sind aktuell Veranstaltungskalender sowie kulturelle, touristische und freizeitrelevante Informationen. Die Studienautorinnen und -autoren gehen davon aus, dass künftig weitere Funktionen eine größere Rolle spielen werden. Auch kommunale Angebote wie digitale Zwillinge und urbane Datenplattformen müssen verstärkt auch mobil zugänglich gemacht werden.
  • Bevor eine City-App entwickelt wird, müssen finanzielle und personelle Ressourcen eingeplant werden, damit die App langfristig betrieben und eine hohe Durchdringung bei den Zielgruppen erreicht werden kann. Datensicherheit und Datensouveränität werden zu entscheidenden Erfolgsfaktoren.

Die gesamte Studie kann kostenpflichtig über den dfv Fachverlag bezogen werden: 
Deutschlandstudie CITY APPS: Bedeutung, Funktionen und Herausforderungen | SW10022 (dfv-fachbuch.de)