Junge Menschen vor Daten-Dashboard
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Von Zahlen zu Geschichten: Mit lokalen Klimadaten zum Handeln inspirieren

Im Smart City Research Lab der Universität Bamberg wird erforscht, wie durch datengetriebenes Storytelling globaler Wandel auf lokaler Ebene verständlich und handlungsorientiert kommuniziert werden kann.

18.10.2024

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Der Klimawandel ist eine globale Herausforderung, aber seine Auswirkungen sind zutiefst lokal. Während wir häufig von steigenden globalen Temperaturen und schmelzenden Eiskappen hören, können diese Statistiken dennoch abstrakt und weit entfernt erscheinen. Für Viele mag es schwierig sein, die Realität des Klimawandels zu begreifen, wenn die präsentierten Daten weit entfernt vom eigenen, täglichen Leben sind. Hier kommen lokale Klimadaten sowie deren visuelle Präsentation ins Spiel, um die globale Krise für die Allgemeinheit greifbar zu machen – aus lokalen Klimadaten werden interaktive Geschichten, die Handlungsmöglichkeiten vor der eigenen Haustür aufzeigen.

Im Rahmen des Projekts Bamberg Data Stories haben wir im Smart City Research Lab der Universität Bamberg untersucht, wie datengetriebenes Storytelling dazu genutzt werden kann, die lokalen Auswirkungen des Klimawandels zu kommunizieren. Unsere wissenschaftliche Arbeit betont die Bedeutung des Fokus auf die lokale Ebene, um die Auswirkungen des Klimawandels für die Öffentlichkeit anschaulicher und handlungsorientierter darzustellen. 

Die Kraft lokaler Geschichten

Wir sind überzeugt: Als interaktive Geschichten aufbereitete lokale Klimadaten eignen sich hervorragend dazu, einen breiten Kreis von Personen anzusprechen. Im Gegensatz zu globalen Klimastatistiken spiegeln lokale Daten die direkten Erfahrungen von Individuen und ihren Gemeinschaften wider. Eine Bewohnerin oder ein Bewohner von Bamberg mag sich nicht mit globalen Durchschnittstemperaturen identifizieren, wird aber wahrscheinlich aufmerksam, wenn Daten zeigen, dass das eigene Viertel häufiger von Hitzewellen oder unerwarteten Überschwemmungen betroffen sein kann. Diese lokalen Geschichten helfen also, spezifische Klimaauswirkungen in einem bestimmten Gebiet hervorzuheben und machen die Daten für das Publikum relevanter. Auf diese Weise erhöhen solche Aufbereitungen nicht nur das Bewusstsein, sondern fördern potenziell auch das Engagement einer Gemeinschaft im lokalen Klimaschutz.

In unserer Untersuchung haben wir – zunächst in kleinem Umfang – journalistische Beispiele aus lokalen Tageszeitungen analysiert, die sich mit klimabezogenen, lokalen Daten befassen. Dabei haben wir festgestellt, dass diese Artikel zwar relevante lokale Themen wie extreme Wetterereignisse oder die Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft aufgreifen, aber das Potenzial des datengetriebenen Storytellings bisher nicht ausschöpfen. Oftmals beschränken sich solche Beiträge auf die bloße Beschreibung von Daten ohne visuelle Aufbereitung oder interaktive Elemente, die das Verständnis und die Einbindung der Leserinnen und Leser für das Thema fördern könnten. 

Aus Daten Geschichten erstellen

Durchdachte, lokale Klimadatengeschichten zu verfassen, ist mit Herausforderungen verbunden. Es gibt zwar eine Fülle von Klimadaten, viele davon sind aber nicht lokal kontextualisiert oder für die breite Öffentlichkeit leicht zugänglich. Lokale Nachrichtenmedien, die wichtige Kanäle für solche Geschichten wären, verfügen oft nicht über die Ressourcen, um umfangreiche datengetriebene Geschichten zu produzieren. Überdies können die Verfügbarkeit und Qualität lokaler Daten je nach Region stark variieren.

Trotz dieser Herausforderungen sehen wir bedeutende Chancen: Fortschritte in der Datenvisualisierung und in interaktiven Erzähltechniken bieten wirkungsvolle Werkzeuge, um lokale Daten zugänglicher und ansprechender zu gestalten. Interaktive Karten und Animationen können beispielsweise veranschaulichen, wie sich lokale Temperaturen im Laufe der Zeit verändert haben oder wie verschiedene Stadtteile von extremen Temperaturen betroffen sind. 

So entsteht eine persönlichere Erfahrung, die hilft, die Realität des Klimawandels auf eine Weise zu verdeutlichen, die statische Diagramme und Grafiken allein nicht erreichen können. Die smarten Kommunen ermöglichen insbesondere durch die offene Bereitstellung relevanter Daten die Entstehung der Klimageschichten und können Fachexpertise zur Analyse der Daten beisteuern. Zudem sind von den Kommunen erstellte oder beauftrage Stories möglich, beispielsweise zur begleitenden Kommunikation einer Klimaschutzmaßnahme.

Im Smart City Research Lab haben wir konkrete Charakteristika von Klimadatengeschichten herausgearbeitet, die eine entscheidende Rolle dabei spielen, wie effektiv diese Geschichten lokale Gemeinschaften ansprechen und zum Handeln motivieren. Zu den wichtigsten Merkmalen gehören die spezifische Relevanz der Daten für den jeweiligen Ort und die damit verbundenen Herausforderungen, wie der begrenzte Umfang und die oft eingeschränkte Verfügbarkeit und Qualität lokaler Daten. Weiterhin sind das lokale Umfeld und die Vertrautheit der Bevölkerung mit ihrer Umgebung von großer Bedeutung, da sie das Verständnis und die emotionale Verbindung zu den dargestellten Themen fördern. 

Die Geschichten sollten das Interesse der Bürgerinnen und Bürger wecken, indem sie die direkten Auswirkungen auf ihr tägliches Leben betonen, und sie sollten klare, umsetzbare Handlungsempfehlungen bieten. Darüber hinaus kann eine mögliche Beteiligung der lokalen Bevölkerung an der Datensammlung und -analyse (als eine Form von Citizen Science) nicht nur die Qualität dieser Geschichten verbessern, sondern auch das Gefühl der Zugehörigkeit sowie das Engagement für den Klimaschutz stärken.

 

Charakteristika von lokalen Klimadaten präsentiert als Datengeschichten.
Identifizierte, zentrale Charakteristika von lokalen Klimadaten im Zusammenhang mit deren Präsentation als Datengeschichten. Hintergrundbilder generiert mit Midjourney, Icons mit DALL-E.

Beispiele für lokale Klimadatengeschichten

Das Potenzial des lokalen Storytellings in diesem Zusammenhang verdeutlichen drei interaktive Beispielgeschichten, die von Studierenden der Universität Bamberg entwickelt wurden und die sich auf die Stadt Bamberg oder den Freistaat Bayern konzentrieren. Diese Beispiele umfassen Scroll Stories – durch Maus-Scrollen oder entsprechende Touch-Interaktionen nahtlos navigierbare Dokumente – und interaktive Animationen, die Themen wie das städtische Mikroklima, die Gesundheit der lokalen Vegetation und Vorhersagen für zukünftige Klimabedingungen in der Region beleuchten.

„Schwamm drauf!“ diskutiert das Problem städtischer Wärmeinseln, die mittels Sensoren von einem Bürgerverein gemessen und in der interaktiven Geschichte auf einer Karte im Zeitverlauf dargestellt werden. Als mögliche Lösung schlägt das Autorenteam das Konzept der Schwammstadt vor. Dieses Konzept nutzt grüne Infrastruktur, um Regenwasser aufzufangen und die Auswirkungen von städtischen Wärmeinseln zu mildern. 

Eine zweite Story konzentriert sich auf die Auswirkungen von Hitzewellen auf die lokale Vegetation und zeigt mit Satellitendaten, wie verschiedene Gebiete Bambergs von steigenden Temperaturen betroffen sind. Während diese Geschichten als Kombination von Text, Karte und Visualisierung als Scroll Stories entwickelt wurden, arbeitet die dritte Geschichte mit interaktiven Animationen und Audiokommentaren. Sie berichtet von den regionalen Auswirkungen des Klimawandels auf unser zukünftiges Wetter, stellt insbesondere Extremwetterereignisse vor und erlaubt den Nutzenden, die zeitlichen Entwicklungen interaktiv zu erforschen.

Gemeinschaften durch Beteiligung einbeziehen

Ein wichtiger Aspekt dieser lokalen Klimageschichten ist die Möglichkeit zur Beteiligung der Gemeinschaft. Unsere Arbeit betont die Rolle der Bürgerinnen und Bürger sowohl bei der Datenerhebung als auch beim Erstellen der Datengeschichten. Lokale Bewohnerinnen und Bewohner können beispielsweise zu Crowd-Sourcing-Wetterdaten beitragen, die dann genutzt werden können, um detailliertere und genauere lokale Geschichten zu erstellen (siehe „Schwamm drauf!“). Werden zudem lokale Interessengruppen mit einbezogen, kann dies dazu beitragen, die Geschichten mit lokalem Wissen zu unterfüttern und mit den Werten und Anliegen der Gemeinschaft abzustimmen. Dieser kollaborative Ansatz führt oftmals zu effektiveren Kommunikationsstrategien und bietet gleichzeitig eine Plattform für deren Verbreitung.

Lokale Klimageschichten lassen sich auch in der universitären und schulischen Lehre entwickeln. Der Einsatz in der Lehre bietet viele Vorteile, bringt aber auch Herausforderungen mit sich. Solche Projekte verbinden theoretisches Wissen mit praktischen Anwendungen, wodurch der Umgang mit Daten und deren Visualisierung erlernt wird und Fähigkeiten wie Problemlösung und Teamarbeit entwickelt werden. Die Arbeit mit lokalen Daten macht das Thema darüber hinaus greifbarer und erhöht die Motivation. Nicht immer entstehen dabei allerdings inhaltlich fehlerfreie, technisch ausreichend getestete, interaktive Lösungen, die bedenkenlos veröffentlicht werden können. Es muss daher immer klar sein: Hier steht der Lernerfolg der Beteiligten, nicht das Produkt, im Vordergrund!

Die Zukunft lokaler Klimadatengeschichten

Schließlich haben wir offene Forschungsfragen und -herausforderungen herausgearbeitet. Dazu gehört die Entwicklung von Werkzeugen, die es lokalen Medienschaffenden und Organisationen erleichtern, datengetriebene Geschichten zu erstellen, sowie die Erforschung neuer Wege zur Verbreitung dieser Geschichten – etwa durch Augmented Reality oder öffentliche Displays in städtischen Räumen.

Während Städte auf der ganzen Welt mit den Auswirkungen des Klimawandels zu kämpfen haben, haben lokale Datengeschichten das Potenzial, eine wichtige Rolle bei der Bewusstseinsbildung zu spielen und zum Handeln anzuregen – gerade im Zusammendenken des Globalen und des Lokalen. Indem sie die abstrakte, globale Krise greifbar und unmittelbar machen, können diese Geschichten Gemeinschaften dazu inspirieren, zusammenzukommen und die notwendigen Schritte zur Minderung und Anpassung an den Klimawandel zu unternehmen.

Die hier zusammengefassten Ergebnisse unserer Arbeit erscheinen im Kontext des wissenschaftlichen Workshops Viz4Climate + Sustainability, welcher im Rahmen der Konferenz IEEE VIS im Oktober 2024 online stattfindet.

Weitere Informationen: https://svs.gsfc.nasa.gov/events/2024/Viz4ClimateAndSustainability/

Literatur

Beck, F.; Panzer, L.; Redepenning, M., 2024 (im Erscheinen): Local Climate Data Stories: Data-driven Storytelling to Communicate Effects and Mitigation of Climate Change in a Local Context. In: Proceedings of the IEEE VIS 2024 Workshop on Visualization for Climate Action and Sustainability.

Weblinks

Autorinnen und Autoren