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15.000 Athletinnen und Athleten, 20.000 Journalistinnen und Journalisten, 13 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer aus aller Welt: Diese Menschenmassen erwartet Paris während der zweiwöchigen Olympischen Spiele im Juli und August. In Deutschland haben sich die zehn Gastgeberstädte der am 14. Juni 2024 beginnenden UEFA EURO 2024 auf knapp zehn Millionen Besucherinnen und Besucher vorbereitet, davon 2,7 Millionen allein in den Stadien sowie rund sieben Millionen in den Fanzonen und bei Public Viewings.
Fest steht: Beide Großsportereignisse stellen die Veranstalter, aber auch die Städte, vor enorme Herausforderungen – allein, wenn es um Mobilität und um das Lenken dieser Menschenströme geht. Aus diesem Grund bildete in Paris auch ein Smart-City-Ansatz die Grundlage für die Bewerbung der französischen Hauptstadt um die Spiele: Die dafür entwickelten intelligenten Technologien sollen das Sportevent überdauern und dazu beitragen, das Leben der zwei Millionen Pariserinnen und Pariser und über 30 Millionen Touristinnen und Touristen pro Jahr zu verbessern. Doch nicht nur Paris setzt auf die Verquickung von Sport und Technologie, auch große Sportstadien werden smart, um das Fanerlebnis und die Gesamteffizienz des Stadionmanagements zu verbessern. Die hier gewonnenen Erkenntnisse können dann auch in die Stadtentwicklung einfließen. Inwieweit sind Sportstätten und
-erlebnisse also heute schon smart? Wie verschmelzen sie mit urbanen Innovationen und dienen als Spielwiese für Smart-City-Lösungen?
Schneller: Sport und Smart-City-Lösungen – erfolgreich für eine verbesserte Mobilität
Für Deutschland wie für Paris und Frankreich sind die Fußall-EM und die Olympischen Sommerspiele ein starker Wirtschaftsmotor, bedeuten aber auch gleichzeitig eine Herausforderung für das Image des Landes im Ausland. Entscheidend für den Erfolg der Spiele in Paris wird insbesondere der Nahverkehr werden, der immer wieder in der Kritik steht – sei es aufgrund fehlender Barrierefreiheit, übermäßiger Menschenmassen, vieler Pannen oder der Probleme im Zusammenhang mit der Verbindung vom Flughafen Roissy-Charles-de-Gaulle ins Zentrum. Daher haben die Organisatoren von Paris2024 zusammen mit Bürgermeisterin Anne Hidalgo ihre Bewerbung auf zwei Säulen zugeschnitten: Smart City und Nachhaltigkeit.
Für die Olympischen Spiele hat Paris daher unter anderem sein Verkehrsangebot neu ausgerichtet und smarter gemacht: Durch den „Plan Vélo 2020“ entstanden einerseits insgesamt 1.400 Kilometer Radweg, die zu Verschiebungen im Mobilitätsverhalten führten: Der Radverkehrsanteil nahm im vierten Quartal 2023 im Vergleich zum Vorjahresquartal um 13,3 % zu, Metro und Bus legten ebenfalls um 4 % zu, während der Kfz-Verkehr um 6,9 % zurückging (vgl. https://opendata.paris.fr/pages/barometre/). Andererseits sollen 2024 neue, vollautomatisch betriebene U-Bahn-Linien in Betrieb genommen werden, welche die Besucherinnen und Besucher zu den Sportstätten im Pariser Norden bringen – und diese sind smart.
Höher: Warum Stadien als Reallabore für Smart Cities interessant sind
In ihren Stadien und Sportstätten sehen die Organisatoren von Paris2024 die ideale Möglichkeit, Smart-City-Projekte und Internet-of-Things-Technologien (IoT), die in Frankreich zum Teil schon angewandt werden, unter realen Bedingungen zu testen und so bestenfalls zu beschleunigen. Entstehen in Stadien bei hoch frequentierten Sportveranstaltungen doch die gleichen Probleme und Herausforderungen wie im täglichen Stadtleben. Das Interessante an einem Stadion ist dabei, dass es klein genug ist, um die Technologien praktisch zu testen und gegebenenfalls anzupassen, aber gleichzeitig auch groß genug, um aussagekräftige Daten über deren Effektivität und Skalierbarkeit für die Smart City zu treffen (vgl. Deutsch; Holler 2021/2022). So kommt es, dass Sportfans in vielen Städten nicht mehr nur ein beeindruckendes Event geboten wird, sondern dass in smarten Stadien das Sporterlebnis mit urbaner Innovation verschmilzt.
Ein Beispiel, auf das auch die Organisatoren von Paris2024 setzen, sind intelligente Strukturen, die sich bei Bedarf in Echtzeit ändern lassen: So kann beispielsweise die Öffnungsgeschwindigkeit von automatischen Türen je nach Dichte der Menge variieren, um Staus und zu viel Enge zu vermeiden. Des Weiteren sollen Zuschauerströme im Stadion entsprechend der Anzahl der Personen kanalisiert und geleitet werden: Sogenannte Flash-Angebote an Snackbars, Wartezeitanzeigen in den Toiletten in Echtzeit und die Verteilung von Goodies können so den Menschenfluss innerhalb von Sportanlagen einheitlicher steuern. Nach dem Ende der Wettkämpfe tragen solche Systeme dann auch dazu bei, Personen, die das Stadion verlassen, so zu kontrollieren, dass sich die Bevölkerungsdichte im öffentlichen Verkehr regulieren lässt. Es zeigt sich: Wenn die eingesetzte Technologie in einem Stadion erfolgreich ist, dann hat sie vermutlich auch das Potenzial, eine Stadt intelligenter zu machen.
Smarter: Paradebeispiele Amsterdam, Barcelona und Dublin
Neben den olympischen Sportstätten in Paris sind insbesondere die Johan Cruijff ArenA in Amsterdam, das Camp Nou, die Heimat des FC Barcelona, so wie das Croke Park Smart Stadium in Dublin beispielgebend für die Möglichkeiten smarter Stadien: Durch die Integration von IoT-Geräten, Sensoren und Datenanalyseplattformen werden diese Stadien zu intelligenten Ökosystemen, die nicht nur das Fanerlebnis verbessern, sondern auch zur Effizienzsteigerung im Betrieb beitragen.
Wie sieht das genau aus?
Das neue Camp Nou
Insgesamt 1,5 Milliarden Euro wird „Barça“ in sein Großprojekt unter dem Motto „Espai Barça: Open to the City, Open to the World” investieren. Nach eigenen Angaben handelt es sich hier um eine 360-Grad-Überholung des Camp Nou, um das Wachstum des Clubs anzukurbeln, neue Einnahmequellen zu erschließen und um eine treibende Wirtschaftskraft für Barcelona zu sein. So wird das Stadion künftig nicht nur als Austragungsort für sportliche Großveranstaltungen dienen, sondern auch als Schauplatz für die Erprobung und Implementierung verschiedener Technologien im Rahmen von Smart-City-Initiativen. Derzeit können 90.000 Zuschauerinnen und Zuschauer ins Stadion – wenn das Espai Barça fertig ist, wird die Kapazität sogar noch auf 105.000 steigen. Genug Menschen, um smarte und nachhaltige Lösungen für die ganze Stadt zu erproben: So sind im neuen Camp Nou eine Regenwasseraufbereitung zur Rasenbewässerung ebenso Standard wie Solarenergie für die Spielfeldbeleuchtung. Zudem schützt das Dach vor Sonne, Wind und Regen und ermöglicht eine bessere Klimakontrolle. Daneben sorgen Zugangskontrollen wie in Paris für die intelligente Steuerung der Zuschauerströme.
Die Johan Cruijff ArenA in Amsterdam
Ähnliches gilt für die Johan Cruijff ArenA: Neben intelligenten Technologien kommt hier auch ein Energiespeichersystem mit neuen und gebrauchten Batterien für Elektrofahrzeuge (EV) zum Einsatz. Dieses kann drei Megawatt Strom speichern – genug, um 500.000 iPhones zu laden oder um 7.000 Haushalte in Amsterdam eine Stunde lang zu versorgen. Nach Angaben des Vereins ist das Stadion damit Europas größtes kommerzielles Energiespeichersystem mit EV-Batterien. Aufgrund der Stadionkapazität lässt sich hier also „im Kleinen“ testen, inwieweit solch ein Energiespeichersystem auch eine zuverlässige Quelle nachhaltiger Energie „im Großen“ bieten kann – wenn das Stadion zum Beispiel das niederländische Stromnetz bei Konzerten oder anderen großen Energie verbrauchenden Veranstaltungen entlastet.
Das Croke Park Stadium in Dublin
Im Croke Park Stadium, mit einem Fassungsvermögen von 82.300 Zuschauerinnen und Zuschauern das drittgrößte Stadion in Europa, werden unterschiedliche IoT-Pilotprojekte getestet: Dazu gehört unter anderem die Datenanalyse des Rasens, um vorherzusagen, wo das Spielfeld zu bestimmten Tageszeiten mit Wärmelampen beleuchtet werden muss, damit er optimal wachsen kann. Die Echtzeitmessung und -Überwachung des Lärmpegels im Stadion stellt sicher, dass festgelegte Parameter eingehalten werden. Wasserstandssensoren in den Entwässerungssystemen erkennen die Überschwemmungswahrscheinlichkeit rund um das Stadion. Hierfür werden die lokalisierten Echtzeitdaten mit historischen Niederschlagsmengen und bereits vorhandenen Überschwemmungs- und Spurenanalysen kombiniert, um die Wahrscheinlichkeit einer Überschwemmung zu bestimmen. Und wie in Amsterdam, Barcelona und Paris sowie in anderen Stadien wird mithilfe von Kameraaufnahmen die Bewegung der Menschenmenge im Stadion ausgewertet. So lassen sich Informationen für die Logistik, das Veranstaltungsmanagement sowie Gesundheits- und Sicherheitsinitiativen gewinnen.
Von smart im Kleinen zu smart im Großen
Unsere Beispiele bilden nur einen kleinen Teil dessen ab, was heute in Stadien alles möglich ist. In jedem Falle verdeutlichen sie aber, dass sich in Stadien innovative Lösungen zur Energieeffizienz, Mobilität und Sicherheit unter realen Bedingungen testen und optimieren lassen. So können Stadtplanerinnen und Stadtplaner auf einen Erfahrungsschatz zurückgreifen, der validiert ist und für die breitere Anwendung in städtischen Umgebungen weiterentwickelt werden kann.
Lösungen zum Crowd Management innerhalb des Stadions lassen sich beispielsweise für Großveranstaltungen und Demonstrationen im Stadtzentrum adaptieren. Mobilitätsoptimierungen für die An- und Abreise zu Sportstätten wie in Paris sind auf die Steuerung von Menschenmassen zu Pendlerstoßzeiten im Berufsverkehr übertragbar. Und die sensorbasierte Überwachung der Stadioninfrastruktur kann auch an Bahnhöfen, Flughäfen und öffentlichen Gebäuden zum Einsatz kommen, um Schäden an Rolltreppen oder Aufzügen rechtzeitig zu erkennen. Smarte Lösungen, die den Zustand des Spielfeldrasens überwachen oder Daten zu seinem Bewässerungsbedarf liefern, sind für städtische Grünflächen genauso nutzbar wie für die Weiterentwicklung grüner Stadtplanungskonzepte. Schließlich zeigt das Beispiel der Johan Cruijff ArenA, dass sich ein Stadion zudem zum Test neuer Energie- und Speichertechnologien eignet.
Ein smartes Stadion muss dabei nicht zugleich eine große Arena sein. Auch kleinere Sportstätten können von den genannten smarten Technologien profitieren, um das Sporterlebnis zu verbessern und um gleichzeitig nachhaltiger zu werden. Die Integration von Technologie in Sportinfrastrukturen ist also skalierbar – ebenso wie es die Lösungen und Smart-City-Maßnahmen der vom Bund geförderten Modellprojekte Smart Cities sind: vielversprechende Ideen, um Städte jedweder Größe und Struktur intelligenter, effizienter und lebenswerter zu gestalten.
Gemein ist all unseren Beispielen auch, dass die (Fort-)Entwicklung smarter Stadien – wie die Planung smarter Städte – nur mit der Zusammenarbeit verschiedener Akteure gelingt: Wenn sich Stadionbetreibende und Stadtverwaltungen bei der Entwicklung smarter Lösungen für Städte und Stadien mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie mit Technologieunternehmen zusammentun und dazu von der Innovationskraft der Gründerszene profitieren, dann können wir erwarten, dass solche Orte nicht nur zu sportlichen Veranstaltungen, sondern auch zu wichtigen Zentren für die Entwicklung und Erprobung smarter Technologien werden. Schließlich sind Stadien ebenso wie Städte als komplexe adaptive zu Systeme betrachten, in denen verschiedene Komponenten erfolgreich miteinander interagieren müssen, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.
#TeamSmart: Kampagne zur Fußballeuropameisterschaft
Das sportliche Großereignis Fußballeuropameisterschaft bietet daher eine ganz besondere Bühne, um das innovative Potenzial von Smart Cities zu präsentieren. Mit der Kampagne #TeamSmart soll mit einem Augenzwinkern die Analogie zwischen Fußball und einer Smart City oder Smart Region herausgestellt werden. Auf der personalisierbaren Vorlage kann jede und jeder den #TeamSmart-Gedanken selbst mit Leben füllen.
Einfach Vorlage (Powerpoint) herunterladen, Bild und Zitat einfügen, als Bild abspeichern und unter dem Hashtag #TeamSmart auf LinkedIn und Co. posten.
Infos und Download: www.smart-city-dialog.de/teamsmart
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der Autorin oder des Autors wieder.
Literaturverzeichnis
Centre de Droit et d’Economie du Sport (2016): Candidature Paris 2024. Etude d’impact. Zugriff: https://v1.cdes.fr/sites/default/files/files/Expertise/r%C3%A9f%20%C3%A9co/R%C3%A9sum%C3%A9%20%C3%A9tude%20finale%20JO2024.pdf [zuletzt abgerufen am 10. Juni 2024].
Deutsch, M.; Holl, F. (2022): Wie smarte Stadien zu Testlaboren für Smart-City-Anwendungen werden. Public Governance: Zeitschrift für öffentliches Management Winter 2021/2022: 18–19. Zugriff: https://publicgovernance.de/media/SmarteStadien_Testlabore_fuer_SmartCities.pdf [zuletzt abgerufen am 10. Juni 2024].
Galetti, N; Saranca, T.; Wissmann, N. K. (2017): Die Pariser Olympiabewerbung. Frankreich will nicht nur politisch in Bewegung sein. In: Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. (Hrsg.): Länderbericht Frankreich. Zugriff: https://www.kas.de/documents/252038/253252/7_dokument_dok_pdf_50022_1.pdf/7807195d-acf2-a4ac-a042-dfb5d3b02410?version=1.0&t=1539655833909 [zuletzt abgerufen am 10. Juni 2024].
Weblinks
Croke Park Smart Stadium (o.J.): Zugriff: https://crokepark.ie/ [zuletzt abgerufen am 10. Juni 2024.]
Das neue Camp Nou (o.J.): Zugriff: https://campnou.de/neues-camp-nou/ [zuletzt abgerufen am 10. Juni 2024.]
Espai Barça: The largest and most innovative sports and entertainment space in a European city (o.J.): Zugriff: https://espaibarca.fcbarcelona.com/en/ [zuletzt abgerufen am 10. Juni 2024].
Hutt, R. (2018): Nature and Biodiversity: This Dutch football stadium creates its own energy and stores it in electric car batteries. Zugriff: https://www.weforum.org/agenda/2018/07/netherlands-football-johan-cruijff-stadium-electric-car-batteries/ [zuletzt abgerufen am 10. Juni 2024].
Johan Cruijff ArenA (o.J.): Zugriff: https://www.johancruijffarena.nl/en/home/ [zuletzt abgerufen am 10. Juni 2024].
Johan Cruijff ArenA. Innovation Amsterdam (o.J.): Living lab to innovate. Zugriff: https://www.johancruijffarenainnovation.nl/home/ [zuletzt abgerufen am 10. Juni 2024].
París, J. L. (2016): El ‘Nou’ y ‘smart’ Camp Nou. Zugriff: https://www.interempresas.net/Smart_Cities/Articulos/155464-El-Nou-y-smart-Camp-Nou.html [zuletzt abgerufen am 10. Juni 2024].
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Ville de Paris (o.J.): Observatoire Parisien des mobilités. Zugriff: https://opendata.paris.fr/pages/barometre/ [zuletzt abgerufen am 10. Juni 2024].
Ville de Paris (o.J.): Un nouveau plan vélo pour une ville 100 % cyclable. Zugriff: https://www.paris.fr/pages/un-nouveau-plan-velo-pour-une-ville-100-cyclable-19554 [zuletzt abgerufen am 10. Juni 2024].