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Als Gipfeltreffen der urbanen Innovationsbranche gilt die Messe „Smart City Expo World Congress“ (SCEWC), die in diesem Jahr vom 16. bis 18. November in Barcelona sowie virtuell stattfand. Mehr als 450 Aussteller, 350 Rednerinnen und Rednern aus 120 Ländern sowie 36.000 Gäste aus aller Welt – davon knapp 15.000 vor Ort und 21.000 online – waren bei der zehnten Ausgabe dabei.
Unter dem Motto „We Are the Cities We Make” [Wir machen die Städte zu dem, was sie sind] standen in diesem Jahr neben zukunftsweisenden, technologischen Lösungen für intelligente Städte vor allem der Wandel in den Städten durch die Corona-Pandemie sowie die Rückbesinnung auf den Menschen als dem Zentrum der Stadtentwicklung im Mittelpunkt.
Digitale Souveränität schafft Akzeptanz und Vertrauen
„Centering People in Smart Cities” [Der Mensch im Mittelpunkt der Smart City] lautete der Titel einer der zahlreichen virtuell übertragenen Sessions. Emily Royal, Smart-City-Administratorin der Stadt San Antonio, Texas, und Beraterin beim UN-Habitat Programm, stellte das „People-centered Smart Cities Playbook” vor. Dieses gibt kommunalen Akteuren einfache Werkzeuge und praktische Leitfäden an die Hand, um Stadtentwicklung entlang der fünf Säulen Gemeinschaft, Digitale Gerechtigkeit, Infrastruktur, Sicherheit und Digitale Kompetenz näher an den Bedürfnissen der Menschen auszurichten. Vor allem der souveräne Umgang mit Daten in den Stadtverwaltungen spielt dabei eine wichtige Rolle: Städte, die ihre eigenen kommunalen Mitarbeitenden im Umgang mit Daten befähigen, werden nicht nur unabhängiger von privaten Technologieanbietern, sondern zu echten Innovatoren im Dienste ihrer Bürgerinnen und Bürger.
Die Gestaltung der Smart Cities nicht den Großkonzernen zu überlassen – dafür plädierte auch Kristina Sinemus, Hessische Staatsministerin für Digitale Strategie und Entwicklung. Mit Blick auf das kürzlich von der EU erlassene ‚Gesetz über digitale Märkte‘, den sogenannten Digital Markets Act, erklärte Sinemus, dass die Corona-Pandemie zwar die Notwendigkeit der schnellen Digitalisierung in Europa aufgezeigt habe, gleichzeitig aber ein transparenter und fairer Wettbewerb für europäische Unternehmen und Start-Ups sichergestellt sein müsse. „Es ist USP der EU, dass wir es schaffen, Werte in unsere Märkte und in unsere digitalen Produkte zu integrieren“, so die Ministerin. Dies schaffe Vertrauen bei den Nutzerinnen und Nutzern – eine wichtige Basis für die Akzeptanz digitaler Lösungen.
Smarte Lösungen gibt es auch „in analog“
Dass smart nicht immer auch digital oder teuer sein muss, zeigt das Beispiel urbaner Klimaschutz: So befürwortete Manuel Perez Romero, Architekt am IE Center for Sustainable Cities in Madrid, in der Session „Clearing the Pathway Towards Decarbonisation” [Der Dekarbonisierung den Weg ebnen], bei Bürgerinnen und Bürgern das Bewusstsein für nachhaltige Gewohnheiten zu forcieren, also zum Beispiel bevorzugt regionale Produkte zu kaufen und vom Auto auf das Fahrrad umzusteigen.
Weniger PKW in der Stadt, bedeuten aber nicht nur eine Verringerung von klimaschädlichen Emissionen, sondern vor allem auch den Rückgewinn von öffentlichem Raum für die Menschen. „Der freie Platz kann genutzt werden, um die Natur zurück in die Städte zu holen (Naturalization) oder Orte der Begegnung zu schaffen (Socialisation)“, erklärte Lisa Enarsson, Projektmanagerin bei der Stadt Stockholm. Eine wichtige Rolle spielten in diesem Zusammenhang Leuchtturm- oder Modellprojekte: Diese seien zwar keine Blaupausen für Smart-City-Lösungen und müssten bedarfsgerecht adaptiert werden, sie seien aber wichtige Quelle der Inspiration. Als gutes Beispiel führte Enarsson die Mobilitätsstationen in Köln an.
Modellprojekte identifizieren Erfolgsfaktoren der Smart City
Wie Köln ist auch Ulm eine der deutschen Kommunen, die seit 2019 im Rahmen der Initiative „Modellprojekte Smart Cities“ des Ministeriums des Innern, für Bau und Heimat ausgewählt wurden, um modellhaft smarte Lösungen zu pilotieren. In Barcelona nahm Ulm zusammen mit Heidelberg und Karlsruhe am Panel „Smart Cities and Regions Made in Baden-Wuerttemberg – Tech Driven or Human Powered?“ [Clevere Städte und Regionen made in Baden-Württemberg – technikgetrieben oder von Menschen vorangebracht?] teil. Gemeinsam diskutierten sie die Frage, wie zukunftsfähige und lebenswerte Städte und Kommunen aussehen können und welche Faktoren bei deren Umsetzung erfolgsentscheidend sind.
Auf das Thema Inklusion als wichtiger Erfolgsfaktor der menschenzentrierten Smart City ging Mark Wheeler, Chief Information Officer der Stadt Philadelphia, Pennsylvania, in der Session „Inclusivity at the Core of the Digital Transition“ [Inklusion als Herzstück des digitalen Wandels] näher ein. Die Corona-Pandemie habe zwar die Digitalisierung vorangebracht, gleichzeitig jedoch eine Spaltung der Gesellschaft in „digital kompetent“ und in „digital inkompetent“ aufgezeigt. Eine faire digitale Transformation müsse laut Wheeler daher drei Komponenten beinhalten: erstens eine Infrastruktur, die alle verbindet (Connectivity), zweitens Navigatoren, welche die Menschen im Umgang mit den neuen Technologien befähigen (Support), und drittens die Einbindung aller sozialen Gruppen (Inclusion). „Inklusion ist nur auf den ersten Blick teuer, denn sowohl der wirtschaftliche als auch der gesellschaftliche Gewinn sind viel höher“, so Wheeler.
In einem waren sich alle Akteure auf dem Smart City Expo World Congress einig: Egal, ob es um Infrastruktur, Klimaschutz, Mobilität, Resilienz oder digitale Märkte geht – die Menschen sind Ausgangs- und Zielpunkt einer erfolgreichen Smart City. Denn wenn man die Menschen nicht mitnimmt, dann nützt die beste Technik nichts.
Die Sessions des Smart City Expo World Congress 2021 zur Nachlese
Alle Sessions des Smart City Expo World Congress 2021 finden sich auf der Eventplattform: Tomorrow.City