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Das Ein-Mal-Eins zum Aufbau erfolgreicher kommunaler Open-Source-Communities

Was erwarten Sie sich von einer kommunalen Open-Source-Community? Vermutlich unter anderem Dynamik, Wachstumsstärke und Hilfestellungen für die Mitglieder. Wenn eine Community das leisten kann, dann können Kommunen von Open-Source-Communities enorm profitieren. Aber wie gelingt dies, wenn Kommunen zugleich zahlreichen Voraussetzungen unterliegen? Der Aufbau einer Open-Source-Community erfordert daher eine klare Strategie, klare Absprachen zur Zusammenarbeit und klar abgestimmte Regelungen für bestimmte Bereiche, um diesen Nutzen erfolgreich zu gestalten. Wir zeigen, wie das aussehen kann.

08.08.2024

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Open-Source-Projekte sind seit ein paar Jahren das, was Kommunen in allen Bereichen der Daseinsvorsorge beschäftigt – sei es bei Nachhaltigkeits-, bei Mobilitäts- oder bei Beteiligungsfragen. Zu beobachten ist auch, dass Open-Source-Communities – mit Kommunen oder von Kommunen getrieben – anderen Voraussetzungen unterliegen als klassische Open-Source-Communities.

So gelten zum Beispiel immer häufiger zusätzliche Bedingungen für öffentliche Projekte, welche die Realisierung als Open-Source-Software regeln (vgl. Open-Source in der Öffentlichen Verwaltung). Die Herausforderung besteht also darin, die verschiedenen Interessenlagen sinnvoll und erfolgreich zu vereinen, um so eine funktionierende, nachhaltige und nutzbringende Community aufzubauen.

Auch die vom Bund geförderten Modellprojekte Smart Cities (MPSC) sind gehalten, ihre Projekte in der Regel als Open Source anderen Kommunen verfügbar zu machen. Wie das aussehen könnte, welche organisatorischen und strukturellen Rahmenbedingungen dafür notwendig und zu bedenken sind und wie erfolgreiche Beispiele aussehen, um eine erfolgreiche Open-Source-Community zu gestalten, stellen wir in diesem Beitrag vor.

Schritt 1: Die Planung der Open-Source-Community zum Erfolg führen

Damit Kommunen erfolgreich in Open-Source-Projekten zusammenarbeiten können, benötigen sie einen Ansatz, der mit ihrem Projekt wächst und individuell anpassbar ist. Je größer das Projekt, desto mehr Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger sind einzubeziehen.

Deswegen benötigen Kommunen einen Ansatz, der zu ihren jeweiligen Bedarfen passt. Dabei kann eine Bestands- und Bedarfsanalyse helfen, einen Überblick über die Ausgangssituation in einer Kommune zu schaffen. Eine Analyse kann zunächst den Ist-Zustand abbilden, um basierend darauf Schlussfolgerungen für den Soll-Zustand abzuleiten. Dabei können folgende vier Fragestellungen hilfreich sein:

Symbol einer Glühbirne
  • Welches Umfeld existiert in meiner Kommune, um Open Source in meiner Kommune einzusetzen und zu betreiben
  • Welche Kompetenzen besitzt meine Kommune intern? Welche Kompetenzen müssen extern beschafft werden?
  • Welche Ressourcen werden zur Umsetzung benötigt?
  • Wer beteiligt sich gegebenenfalls an relevanten Communities?

Sind diese Bedarfe geklärt, geht die Arbeit los, den angestrebten Soll-Zustand zu erreichen. Hier kann die Kommune eine sogenannte Community-Managerin oder einen sogenannten Community-Manager einsetzen, welche oder welcher die Abstimmung der Community übernehmen. Diese Personen besitzen somit eine der wichtigsten und zentralsten Rollen im gesamten Prozess. Somit lenkt die Community-Managerin oder der -Manager die Open-Source-Community und trägt die Verantwortung für das Einhalten der Roadmap sowie alle wichtigen Deadlines.

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Die Aufgaben des Community-Managers auf einen Blick:

  • Abstimmung der Open-Source-Community
  • Lenken der Open-Source-Community
  • Verantwortung für Einhalten der Roadmap
  • Überblick über und Einhalten aller wichtigen Deadlines

Unter den Modellprojekten Smart Cities existieren schon verschiedene Open-Source-Communities wie beispielsweise die Entwicklungspartnerschaft Open-Smart-CityApp, die sich im Rahmen der Modellprojekte Smart Cities gegründet hat. Diese Community diskutiert allgemeine Fragen und Themen rund um Smart-City-Apps. Zusätzlich unterstützt eine Beraterin beziehungsweise ein Berater die Lizenzfindung auf Basis der gemeinsam definierten Softwareanforderungen.

Als weitere vielversprechende Ansätze sind beispielsweise Civitas Connect, die DIPAS Anwender Community und KODI zu nennen.

 

Mehrere Personen stehen an einer Pinnwand und tauschen sich aus
Austausch über den Aufbau einer Open-Source-Community Smart City Dialog – MPSC Kongress Leipzig

Schritt 2: Klare Gruppen für bestimmte Bereiche definieren

Für die Koordinierungs- und Transferstelle Modellprojekte Smart Cities haben wir uns verschiedene Modelle von funktionierenden Open-Source-Communities angeschaut. Daraus hat sich ergeben, dass folgende Bereiche eine zentrale Rolle einnehmen und Erfolgsfaktoren darstellen, wenn es darum geht, ob eine Community schlussendlich genutzt wird oder nicht:

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  • Politik
  • Strategie
  • Technologie
  • Produktmanagement 
  • Dienstleister
  • Rechtsfragen

Innerhalb der Open-Source-Communities können einzelne Themengruppen die oben genannten Bereiche abdecken und Fragestellungen sowie notwendige Entscheidungen diesbezüglich treffen. Je nach Größe eines Projekts können Zusammensetzung und Kombination dieser Elemente variieren. Die Zusammensetzung einer solchen Themengruppe richtet sich in der Regel nach den Ergebnissen der Bedarfs- und Bestandsanalyse. Wir zeigen, welche Gruppen es geben kann.
 

Themengruppe Politik

Die Themengruppe Politik für Open-Source-Communities setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Politik zusammen. Ziel der Themengruppe sind der Austausch und die Diskussion über politische Rahmenbedingungen, wobei hier sowohl die Landes- als auch die Bundesebene einbezogen werden sollte.

Wie solch eine Themengruppe aussieht, zeigt Civitas Connect: Civitas hat einen „Beirat Politik“ eingeführt, der zweimal im Jahr zusammenkommt, um über politische Rahmenbedingungen wie zum Beispiel das Vergabeverfahren für digitale Lösungen zu beraten und zu informieren. Ebenso bespricht der Beirat kritische Erfolgsfaktoren und tauscht sich über die Nutzung der Plattform und die Userzahlen aus. Ebenfalls validiert der Beirat die technische Roadmap und Architektur.
 

Themengruppe Strategie

Die Smart-City-Managerinnen und -Manager der beteiligten Kommunen an einer Open-Source-Community sind in der Regel verantwortlich für die Steuerung und Überwachung dieser Themengruppe. Dies beinhaltet die Organisation von Projektanträgen, die Erstellung einer Roadmap und die Entscheidungsfindung in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Zudem kümmern sie sich um das Qualitätsmanagement, indem sie Funktionswünsche definieren. Auch das Innovationsmanagement fällt in ihren Aufgabenbereich, ebenso wie das Festlegen von Standards. Darüber hinaus sind die Smart-City-Managerinnen und -Manager für das Gruppenmanagement und den Wissensaustausch innerhalb der Community zuständig. 

Im Rahmen des Wissensaustauschs können verschiedene Formate zum Einsatz kommen, wie beispielsweise die im Rahmen der DKSR Community eingeführten „Mittagspause mit Vitamin D(aten)“. Hier findet einmal im Monat eine einstündige Informationsveranstaltung für Kommunen und kommunale Unternehmen zu Themen aus dem Bereich „Urbane Datennutzung“ statt. Zu jeder Veranstaltung werden auch externe Expertinnen und Experten aus den entsprechenden Themenfeldern eingeladen.

Die Themengruppe Strategie steht im ständigen Austausch mit der Themengruppe Politik, um bei wichtigen Entscheidungen die politischen Rahmenbedingungen nicht außer Acht zu lassen.
 

Themengruppe Technologie

Die Themengruppe Technologie setzt sich aus IT-Fachexpertinnen und -experten sowie themenspezifischen Arbeitskreisen zusammen. Sie beraten die Themengruppe Strategie und entwickeln die notwendige technische Roadmap. 

Das Anforderungsmanagement umfasst die Suche nach Open-Source-Lösungen, das Einbinden von Initiativvorschlägen und die Berücksichtigung von Normungsaktivitäten externer technischer Einflüsse. Die Themengruppe erhält Input von der Themengruppe der Dienstleister. In Bezug auf die Architektur legt sie technische Standards und Normen fest (Weitere Informationen zu Open-Source-Software-Prozessen). 

In der DIPAS-Anwender-Community trifft sich die „Technische Kommission“ regelmäßig und beurteilt den Weiterentwicklungsbedarf der Produkte. Dabei liegt der Fokus auf Machbarkeit und Art der Umsetzung. Die Leitung der Kommission formuliert daraus Anforderungen für zukünftige technische Weiterentwicklungen. Für die DIPAS-Anwender-Community hat der Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung Hamburg den Vorsitz.
 

Themengruppe Produktmanagement 

Das Produktmanagement von Software-Lösungen für Kommunen umfasst die wichtige Rolle des Product Owners (PO), die oder der die Verantwortung für einzelne Produkte trägt und als Schnittstelle zwischen Verwaltung und Entwicklung fungiert.

Die Weiterentwicklung der Produkte treiben Maintainer und Contributer voran. Maintainer übernehmen Führungsverantwortung in einem Softwareprojekt, während Contributer aktiv am Entwicklungsprozess teilnehmen und den Code erstellen.

In der Entwicklungsgemeinschaft KODI-App wurde zum Beispiel die App von der HEIDI Software GmbH entwickelt. Diese überprüft als Maintainer die Qualität des Codes von dritten Entwicklungspartnern. Weitere Anbieterunternehmen oder IT-Dienstleister können sich an den öffentlichen Ausschreibungen beteiligen und Aufträge für die Weiterentwicklung erhalten. 

Der Einsatz einer solchen Themengruppe ist für Kommunen sinnvoll, die mehr als ein Produkt gleichzeitig umsetzen wollen oder für Kommunen, die ein Produkt entwickeln, das sich in mehrere Teilprodukte unterteilt.
 

Themengruppe Dienstleister

Die Themengruppe Dienstleister können extern beauftragte IT-Unternehmen bilden, die einen bestimmten Teil des Codes für die Weiterentwicklung der Software liefern. Somit spielen sie eine wichtige Rolle bei der Unterstützung und Weiterentwicklung der Open-Source-Community. Regelmäßiges Feedback aus dem laufenden Betrieb trägt dazu bei, Verbesserungspotenziale zu identifizieren und umzusetzen.

Als Beispiel ist erneut die Civitas-Connect-Community zu nennen, die sich mit ihren Dienstleitern nach Bedarf trifft. Dabei besprechen sie Feedbackschleifen aus dem Betrieb oder integrieren Feedback in das Ticketsystem zur späteren Umsetzung. Allerdings haben Dienstleister in der Regel kein Stimmrecht bei wichtigen Entscheidungen – sie geben nur Hinweise zur Verbesserung.
 

Themengruppe Rechtsfragen

Die Themengruppe Rechtsfragen setzt sich aus Expertinnen und Experten für rechtliche Themen zusammen, die Kommunen in Fragen des Datenschutzes beraten und rechtliche Einschätzungen abgeben. Diese Themengruppe ist insbesondere zum Start eines Open-Source-Projekts unerlässlich, da Themen wie Haftung, Verwertung, Marken- und Datenschutz unbedingt vorab geklärt und berücksichtigt werden müssen. Kommen im Laufe des Projekts weitere rechtliche Fragen auf, wird die Themengruppe mit einbezogen. Zudem unterstützt sie bei der Wahl der passenden Rechtsformen für kommunale Projekte. 

Im Rahmen der DKSR-Community, bei der es darum geht, urbane Daten gemeinsam nachhaltig zu nutzen, müssen sich Kommunen mit dem Thema Datenschutz auseinandersetzen. In der Community stehen die Kommunen allerdings nicht alleine vor dieser Herausforderung und können sich gemeinsam mit den Expertinnen und Experten austauschen und beraten. Es ist zu empfehlen, die Themengruppe nach Bedarf einzuberufen. 

 

Viele Personen stehen in einem Kreis und tauschen sich aus. Eine Person hält einen Vortrag.
Zusammenarbeit und Austausch der Kommunen über Open-Source-Communities Smart City Dialog – MPSC Kongress Leipzig

Schritt 3: Wichtig und niemals zu vernachlässigen – die Finanzierung

Ein letzter, aber enorm wichtiger Aspekt, der niemals zu vernachlässigen ist, ist die Finanzierung. Denn eine Open-Source-Community muss finanzierbar sein – und bleiben. Dies ist der ausschlaggebende Punkt, damit eine Kommune eine Open-Source-Community überhaupt betreiben kann. Fehlen die finanziellen Mittel, ist abzusehen, dass solche ein Projekt auf kurze oder mittelfristige Sicht scheitern wird.

Daher stellen wir verschiedene Finanzierungsmodelle vor:

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  • DIPAS: Jedes Mitglied zahlt einen jährlichen Beitrag, dabei variieren die Beiträge nach Einrichtung und Einwohnerzahl. 
  • CIVITAS: Die Kosten und Anstrengungen verteilen sich auf die Mitglieder. Ausschlaggebend ist dabei auch, ob Weiterentwicklungen gemeinschaftlich geteilt werden oder diese nur von einer Teilgruppe vorangetrieben werden. Findet die Weiterentwicklung nur durch eine Teilgruppe statt, stimmen die Beteiligten ab, ob dies außerhalb von Civitas Connect entwickelt wird. Die Option zur Aufnahme in Civitas Connect ist danach immer noch möglich. 
  • DUVA: Das Informationsmanagementsystem DUVA ist aktuell noch nicht Open Source, hat aber ebenfalls einen interessanten Ansatz. Die Mitglieder zahlen ein einmaliges Nutzungsentgelt, dieses richtet sich nach der Einwohneranzahl sowie einem jährlichen Wartungsbeitrag. Dieser beträgt 20% des aktuell gültigen Nutzungsentgeltes pro Jahr. Standartsupport Leistungen sind kostenfrei, allerdings kosten besondere Leistungen sowie Schulungsangebote extra. 
  • DKSR: Die DKSR-Community bietet Kommunen drei verschiedene Pakete an, die sie buchen können.

Zusammenfassung und Fazit

Blickt man auf funktionierende Open-Source-Communities wird deutlich, dass es nicht nur eine ideale Open-Source-Community gibt, sondern in der Regel verschiedene Ansätze zum Erfolg führen. Grundsätzlich sind immer die Bedarfe der einzelnen Kommunen zu berücksichtigen und die Größe des Projekts. In diesem Zusammenhang ist die Finanzierung für viele Kommunen meist der ausschlaggebende Punkt, sich an einer Community zu beteiligen. Der Vorteil liegt in solchen Fällen dann meist darin, sich die Entwicklungskosten für gleiche Maßnahmen zu teilen – verglichen mit der Tatsache, dass jede Kommune ihre Maßnahmen für sich selbst entwickelt. 

Die im Beitrag herangezogenen Beispiele sollen Kommunen daher als Inspiration und Handreichung für kommunal getriebene Open-Source-Communities dienen. 

Zugleich unterstützt die Koordinierungs- und Transferstelle Modellprojekte Smart Cities (KTS) Modellprojekte im Rahmen der fachlichen Beratung beim Aufbau von Open-Source-Communities. Für weitere Fragen und Anmerkungen steht die KTS gerne zur Verfügung. Wir freuen uns über Rückmeldungen!

 

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der Autorin oder des Autors wieder. 

Literaturverzeichnis

Berg, M.; Brandt, S.; Meides, N.; Schmitt, A.; Vollmer, A-M. (2023): Open-Source-Software in Kommunen. Einsatz und Schnittstellen in der kommunalen Planungspraxis.
Zugriff: https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/veroeffentlichungen/sonderveroeffentlichungen/2024/open-source-software-kommunen-dl.pdf?__blob=publicationFile&v=4 [zuletzt abgerufen am 3. Juli 2024]. 

Hupp, S.; Müller, C. (2024): Open Source in der Öffentlichen Verwaltung: Wir zeigen geeignete Open-Source-Prozesse für (Bestands-)Software.
Zugriff: https://www.iese.fraunhofer.de/blog/open-source-in-der-oeffentlichen-verwaltung-wir-zeigen-geeignete-open-source-prozesse-fuer-bestands-software [zuletzt abgerufen am 3. Juli 2024].

Sagkal, H.; Thapa, B. (2020): Public Money, Public Code. Digitale Souveränität der Verwaltung mit Freier Software.
Zugriff: https://www.oeffentliche-it.de/-/public-money-public-code-digitale-souveraenitaet-der-verwaltung-mit-freier-software [zuletzt abgerufen am 3. Juli 20204].

Autorinnen und Autoren

Steffen Hess

Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE)
Forschungscluster der Koordinierungs- und Transferstelle Modellprojekte Smart Cities
Tel.: +4963168002275