Event details
Kulturzentrum Bad Belzig
Weitzgrunder Straße 4
14806 Bad Belzig
Deutschland
Paragraphs
Dörfer, Daten, Daseinsvorsorge:
Smarte Zukunft für ländliche Regionen gestalten
Dokumentation der 16. Regionalkonferenz der Modellprojekte Smart Cities in Bad Belzig
5. September 2024
Die Bürgermeister der gastgebenden Kommunen Bad Belzig und Wiesenburg/Mark betonten in ihren Eröffnungsreden, wie wichtig es sei, bei den Bürgerinnen und Bürgern Vertrauen für die Transformation ihrer Dörfer durch Digitalisierung zu gewinnen. Robert Pulz, Bürgermeister der Stadt Bad Belzig, freute es, dass die Ergebnisse des interkommunalen Modellprojekts Smart Cities (MPSC) Bad Belzig und Wiesenburg/Mark nun in seiner Region sichtbar würden. Marco Beckendorf, Bürgermeister der Stadt Wiesenburg/Mark, hob besonders die „Bad Belzig App“ hervor, als Piloten, der anschaulich greifbar mache, welchen Mehrwert Smart-City-Entwicklungen bringen. Das sei ein gutes Beispiel dafür, wie Lösungen gemeinwohlorientiert weiter entwickelt, nutzbar bleiben und von anderen Kommunen übernommen werden können.
Die smarten Städte würden lebendig, jetzt gehe es darum „Türen zu öffnen für alle Kommunen“, das bekräftigte auch Renate Mitterhuber, Leiterin des Referats Smarte Städte und Regionen im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB). Matthias Woiwode von Gilardi von der Koordinierungs- und Transferstelle Modellprojekte Smart Cities (KTS), stellte in seiner Keynote die Beratungs- und Vernetzungsangebote der KTS als „idealen Türöffner“ vor. Smart Cities, betonte er, das sei ein Zukunftsversprechen, das Kommunen brauchen, um drei gravierenden Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen: Digitalisierung, demografischer Wandel und Dekarbonisierung.
Erfolgsmodell Bad Belzig App und die Zukunftsschusterei
Drei andere Themen – Dörfer, Daten, Daseinsvorsorge – waren bereits durch den Titel der Regionalkonferenz gesetzt. Besonders die Vorstellung des Modellprojekts Smart Cities Bad Belzig und Wiesenburg/Mark, unter anderem durch Projektleiter Konrad Traupe, zeigten: Gerade in ländlichen Regionen finden Kommunen viel Potential, um smarte Zukunft zu gestalten. Gefragt sind hier etwa Lösungen, die Mobilität und ÖPNV-Angebote, Anpassungen an den Klimawandel oder gesellschaftliche Teilhabe fördern.
So stärkt die „Bad Belzig App“ mit einem niedrigschwelligen Zugriff auf eine Vielfalt kommunaler Angebote und Veranstaltungen nicht nur den Zusammenhalt als Dorfgemeinschaft, sondern auch Lebensqualität, Vertrauen und Teilhabe in der Region. Die Menschen sehen in der App, was das smarte Dorf für sie bietet, von einer Ferienjobbörse über die Augmented-Reality-Turmwanderung bis zur Kur- und Gesundheitsplattform, die mit einem Klimadatennetz verknüpft ist. Der analoge Treffpunkt zur Begegnung mit dem Smart-City-Team ist das offene Projektbüro der „Zukunftsschusterei“ am Marktplatz.
In der Region ist die Bad Belzig App ein Erfolgsmodell. Sie basiert auf der Smart Village App, wurde im Rahmen der MPSC-Förderung weiterentwickelt und ihr Praxiswissen bereits als Smart City Lösung strukturiert erfasst und angeboten. Bereits 35 Kommunen haben diese Lösung übertragen, darunter auch das Modellprojekt Smart Cities Hagenow in Mecklenburg-Vorpommern. In drei Workshops am Nachmittag wurde der Austausch zu den Themen Daten in ländlichen Räumen, Beteiligung und Kooperationen vertieft.
Impressionen aus den Workshops
Dokumentation der Workshops
Workshop A: Umgang und Potenzial von Daten in ländlichen Räumen
(wird noch ergänzt)
Workshop B: Anlaufpunkte in der smarten Region: Ankerorte und Beteiligungsräume
- Zusammenfassung
- Input 1: Ankerorte und Beteiligungsräume (Folien)
- Input 2: Dorfgemeinschaftshäuser 2.0 (Folien)
- Input 3: Digitaler Experimentierraum (Folien)
Workshop C: Smarte Kooperation in der Hauptstadtregion: Stadt-Umland-Beziehungen in Brandenburg
16. Regionalkonferenz in Bad Belzig - Videodokumentation
Fit zur Verstetigung: Was brauchen Kommunen?
Tenor der Impulsvorträge und der Gesprächsrunde war die Aussage, dass es wichtig sei, sowohl die Verwaltung als auch andere Akteure und Bürgerinnen und Bürger an Entscheidungsprozessen zu beteiligen, die passende Musterlösung für eine jeweilige kommunale Herausforderung auszuwählen und sie dann, passend zum „Lokalkolorit“, individuell anzupassen.
Viele Kommunen teilten die Ansicht, dass jetzt die Lösungen greifbar und damit auch smarte Dörfer und Regionen lebendig würden, doch sie fragen sich nun, wie sie die geförderten Maßnahmen nachhaltig weiter betreiben oder für andere Kommunen übertragbar gestalten können. Deshalb wurden auf der Regionalkonferenz auch die Themen Übertragbarkeit und Verstetigung von Smart-City-Lösungen intensiv diskutiert: Wie geht es nach dem Auslaufen einer Förderung weiter? Worauf kommt es an? Und, vor allem: Was brauchen Kommunen, um „fit für die Verstetigung“ zu werden? Wie empfehlenswert ist eine Public-Civic-Partnership?
Erste Impulse dazu gaben Daniel Diehl von der Wassermeisterei Fläming und Malte Specht vom MPSC Bad Belzig und Wiesenburg/Mark. Als Folge des Klimawandels sind Hitze und Trockenheit auch in der Region Brandenburg eine Herausforderung. Um diese Sorgen der Bevölkerung zu adressieren und Beteiligung zu fördern, hat das MPSC die Maßnahme „Planen mit Daten“ als Gemeinschaftsprojekt zur Klimadatenerfassung konzipiert und wird dabei von ehrenamtlichen Bürgerforschenden ("Citizen Science") unterstützt. Um diese Unterstützung bei der Erfassung von Sensorik-Daten nachhaltig zu verstetigen, setzen Diehl und Specht auf eine Fortführung der Zusammenarbeit mit den Freiwilligen in Form einer Public-Civic-Partnership - und haben von ihren Erfahrungen berichtet.
Fishbowl-Diskussion: Smarte Regionen als Zukunftsmodell
Auch auf dem anschließenden Panel im Fishbowl-Format stand das Thema Verstetigung im Mittelpunkt. Auf dem Podium diskutierten die Teilnehmenden die Funktion und den Mehrwert von smarten Städten und Regionen. Smart Cities, das sei eine Querschnitts- und Zukunftsaufgabe für Kommunen. Es gehe darum, die Daten einer Kommune „in Wert zu setzen“, kommunale Netzwerke zu bilden und alle dabei mitzunehmen, sowohl benachbarte Kommunen als auch die Bürgerschaft. Die besonderen Herausforderungen im ländlichen Raum – der Fachkräftemangel, die Abwanderung – sollten gemeinschaftlich adressiert werden.
Zentrale Erkenntnisse der Diskussionen:
- Kommunen am Anfang ihres Weges zur Smart City brauchen Motivation und Lust, das Vertrauen der Verwaltung, ein großes interkommunales und multidisziplinäres Netzwerk, vielfältige Kompetenzen und ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen. Angebote wie „Start Smart“ der KTS Qualifizierungsprogramm „Smart City Managerin / Smart City Manager“ sind dabei besonders hilfreich.
- Automatisierung und Standardisierung sind zur Pflege von Daten und Datenbanken zentral.
- Um die Finanzierung von Smart-City-Lösungen zu verstetigen, braucht es die Verstetigung von Smart City Managerinnen und Managern in den Kommunen – und neue Sichtweisen für Smart Cities als Vorreiter-Projekte, als „datenzentrierte Investitionsprogramme“.
- Das heißt: Kommunen, die kollaborieren oder ihre Lösungen für andere Kommunen aufbereiten wollen, sollten ihre Türen öffnen und:
- Netzwerken, Kontakte zu anderen Kommunen, Entwicklerinnen und Entwicklern, sowie die Unterstützung von Verwaltung, Bund und Ländern und anderen Akteuren suchen,
- Wissen teilen, viele Schnittstellen schaffen, besonders für automatisierte Prozesse und idealerweise mit (Open-Source-)Software,
- ihre Bürgerinnen und Bürger beteiligen, auch konkret an der Wertschöpfung und Datenerstellung, zum Beispiel mit Citizen-Science-Projekten, damit diese Selbstwirksamkeit erfahren können (Ehrenamt und Freiwilligenarbeit sollten aber keine Verwaltungsaufgaben/Daseinsvorsorge ersetzen),
- die Nutzenden mit interaktiven Elementen dazu motivieren, eine Lösung (z.B. eine App) auszuprobieren und zu nutzen.
Am Ende wurde deutlich: Smarte Städte und Regionen sind ein Zukunftsmodell, das sich gerade für den ländlichen Raum lohnt, besonders, wenn Dörfer und Kommunen zusammenarbeiten, Neues ausprobieren und ihre Lösungen und Entwicklungen nicht nur Früchte tragen und getauscht werden, sondern richtig skalieren und dauerhaft eingesetzt werden sollen.